Unlängst bin ich durch die Salzburger Innenstadt flaniert. Salzburg, für mich der Inbegriff für Stil, Qualität, Schönes, … und vor allem gut gekleidete Menschen. Schick, als würden sie sich für ihren Auftritt auf der Salzburgbühne herausputzen. Kein Outfit war zu schade, um es für triviale Erledigungen in die Stadt auszuführen.
Dieses Mal war mein Eindruck ganz ein anderer. Die Leute passten sich mit ihrer Kleidung den Würstelbudenkonvois in der Altstadt an. Jogginghose, Selfie-Stangen und Birkenstock waren die Accessoires des Sommers.
Seit wann schickt es sich überall Birkenstock zu tragen?
Als ich klein war, waren meine Eltern sehr dahinter, dass wir nicht schlampig daherkommen. Den Gesundheitsklassiker trug man zu Hause (eigentlich auch nur ein spezielles Klientel), um seinen Füßen etwas Gutes zu tun. Aber ganz ehrlich, ich fand die nie so schön. Wer mit solchen Schlappen zum Einkaufen ging, wurde gedanklich als schmuddelig abgetan.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Hipster-Treter für fast alle Outfits etabliert. Jeder trägt zu jedem Anlass seine Birkenstock und andere Artgenossen spazieren. Mal mehr mal weniger intelligent kombiniert. Jedenfalls liegt man damit – scheint es – fast nie falsch.
Vielleicht weil heute alles schnell gehen muss, man sich Schuhe nur im Vorbeigehen anzieht und flapsig kommuniziert – ich übrigens auch.
Weil Stars wie Heidi Klum sich seit mehr als 10 Jahren ständig damit blicken lassen. Und weil sogar Luxusbrands wie Celine ihre Models mit derben Hausschlappen über den Laufsteg schicken…
Oder ist es die Sehnsucht nach Reduktion?
Mag wohl sein, dass wir damit Verzicht und kollektive Vernunft zum Ausdruck bringen wollen… aber jetzt halten wir kurz inne, bevor wir nachhalten: Es ist und bleibt ein Hauspatschen mit dem wir auf allen Hochzeiten tanzen. Und soweit mir bisher bekannt ist, wirbt Frau Klum für wenig nachhaltige Produkte und verzichtet auf nichts außer auf Kohlenhydrate.
Trauen wir uns denn keinen eigenen Stil zu?
Viele unschuldige, fast neue und bezaubernde Schuhe mussten die letzten Sommer in dunklen Schränken verbringen, weil es uns zu mühsam war sie auszuwählen, anzuziehen und in ein Outfit zu integrieren. Ich vermisse die Leidenschaft für individuelle Outfits, getragen mit innerer Haltung, ausgesucht nach Lust und Laune, zu Ende gedacht bis zu den Schuhen. Sich aufmöbeln, rausputzen, rausbrezeln, aufmascheln, … Es gäbe so viele Nuancen in denen man sich ausdrücken könnte. Elegant, sportlich, laut, leise, gut gelaunt, genervt, offen, liebevoll, verliebt …
Was ist mit uns hier und jetzt und in Wirklichkeit?
Kleidung zeigt den Respekt vor sich selbst und vor anderen. Sie umrahmt unsere Persönlichkeit und richtet bei unserem Gegenüber etwas an. Wir reagieren auf Qualität mit Stil genauso wie auf Ramsch. Wenn wir alle nur noch unisex und bequem daherkommen, dann wird Eleganz, Anstand, innere Haltung und Stil verloren gehen. Der Mensch passt sich seiner Umgebung an… Gut Ding braucht Weil… Großartige Projekte und gute Ideen mit Qualität wachsen und nähren sich durch die vielen Gedankenschichten die sie durchlaufen…
Ich finde wir lassen uns gehen. Für Selfies im Netz ist den meisten kein Aufwand zu schade. Es wird Zeit, sich wieder etwas mehr zu bemühen, anstatt zu glauben, man könnte sich davonschleichen ohne wahrgenommen zu werden. Da draußen vor der Haustür ist unsere gemeinsame Wirklichkeit. Unsere Gesellschaft. Eine Spielwiese mit lauter Individualisten, die es gern haben, wenn man sie eben nicht flapsig abfertigt.
Ein Hoch auf die Attitüde!